Sirui K-20X

7. Januar 2018

 

 

 

Man findet zum Sirui K-20X Bewertungen/ Meinungen mit großer Bandbreite, von "mäßiges Billigteil" bis "supertollgenial". Der wirtschaftlich versierte Fotograf wird ahnen, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Meistens bekommt man ja doch, was man bezahlt.

 

Ich selbst habe den K-20X seit 2012 in Verwendung. Meiner hat schon eine Menge Arbeitsstunden auf dem Buckel, hat mich durch viele Länder, zu vielen Locations und teilweise auch in extremen Situationen begleitet. Er ist in die Baker Falls in Sri Lanka gefallen, samt Stativ aber zum Glück ohne Kamera, er stand geduldig und solide im indischen Ozean, hat klaglos Wellen und Gischt im Atlantik ertragen. Auch bayerischer Regen, toskanischer Nachtfrost sowie italienischer, kanarischer und asiatischer Strandsand konnten ihm nicht wirklich etwas anhaben.

 

Eine Schwachstelle hatte ich leider bereits ganz zu Beginn unserer Freundschaft aufgedeckt: Viele Stative haben an der Aufnahme für den Stativkopf drei kleine Madenschrauben, mit denen man den Kopf nach dem Aufschrauben fixieren bzw. gegen unbeabsichtigtes lösen der Verschraubung sichern kann. Gewissenhaft wie ich bin, hatte ich dieselben bei der ersten Montage gleich mit Schmackes angezogen, man will ja sichergehen. Dabei hat sich das Unterteil des Kopfes verformt und die Drehfunktion geht etwas schleifend. Das Unterteil ist also materialmäßig also doch wesentlich zarter als es das massive Aussehen vermuten lässt.

 

Letzte Woche, auf meine Reise nach Gran Canaria, hat mich der K-20X dann aber mal richtig genervt: Ausgerechnet am 'Bufadero de la Garita', dem faszinierenden "Loch" an der Nordostküste Gran Canarias, fing er an zu wackeln. Gerade da, wo er eigentlich mit aufgesetzter 7D inkl. Griff plus 17-40L plus Haida 100mm Filtersystem dem stürmischen Wind hätte trotzen sollen. Das Wackeln kam irgendwo von der Basis und war unabhängig vom feststellen der Kugel- und Drehfunktion. Das Spiel betrug, vorne am Objektiv, stolze fünf Millimeter in Drehrichtung und ca. drei Millimeter vertikal. Sehr nervig. Zum Glück konnte ich mein Bild noch machen, indem ich mich mit offener Jacke um die Kamera herumgewunden und so eine "windstille Zone" geschaffen habe.

 

Den Rest der Reise habe ich mich mit meinem zweiten, deutlich schwereren Stativ abgeschleppt, da ich mangels Werkzeug dem Wackeln nicht auf die Spur gekommen bin. Gestern bin ich dann der Sache auf den Grund gegangen:

 

 

Unten am Stativkopf befinden sich drei schwarze Kreuzschrauben (PH-1), diese sind erst einmal durch die schwarze Scheibe, auf der die Typbezeichnung steht, versteckt. Das hätte ich, da das ganze so "massiv" aussieht, zuerst einmal gar nicht vermutet. Die Scheibe ist aufgeklebt und lässt sich nur mit etwas Gewalt und einem spitzen Gegenstand herausmachen.

 

Damit hatte ich die Schuldigen auch schon gefunden, die Schrauben waren locker. Für das Foto habe ich eine herausgedreht, um es besser zu zeigen. Sooo locker waren sie natürlich nicht.

 

(Klick auf's Bild für große Ansicht)


Irgendwie bin ich aber doch neugierig, und wenn ich angefangen habe, etwas zu zerlegen, mache ich ganz gerne weiter :)

 

Ich dachte mir, es kann doch nicht schaden wenn man weiß, wie ein Kugelkopf von innen aussieht. Nach dem abnehmen der schwarzen Bodenplatte kommt man zur eigentlichen Drehmechanik. 


 

Diese wird wiederum durch drei PH-1 Kreuzschrauben gehalten, nach entfernen der Drehmechanik kann man einen Blick auf die Kugel von unten und die Feststellmechanismen werfen. Weiter ginge es nach entfernen des Seegerrings, aber das habe ich bleiben lassen.

 

Nachdem einer gründlichen Reinigung der Drehmachanik und einer rudimentären Ausrichtung meiner verzogenen Bodenplatte habe ich mich an den Zusammenbau gemacht, wobei ich alle sechs Kreuzschrauben mit Loctite Schraubensicherung (blau, mittelfest) gesichert habe. Wer weiß, wann sie sich sonst das nächste mal lösen würden. Die Drehmechanik habe ich vor dem Zusammenbau mit Vaseline versehen, was optisch und haptisch dem zuvor darin befindlichen Schmiermittel entspricht.

 

Nach kompletter wieder- Montage geht die Drehung jetzt zwar ziemlich schwer, aber absolut spielfrei. Für mich passt das und ich bin gespannt, wie viele Jahre mich der K-20X noch begleiten wird.


 

 

Alles in allem finde ich den Sirui K-20X nicht schlecht. Ich nehme ihn immer dann mit, wenn es kompakt, handlich und leicht sein soll, sprich, wenn es zu Fuß geht, und wenn fotografisch keine überdurchschnittlichen Anforderungen an die Stabilität bestehen. Den Kopf habe ich von Anbeginn an auf einem leichten Carbon Dreibein- Stativ von Marumi (3 Segmente, ca. 1,33m Höhe inkl. Kopf/ bis Kamera- Unterkante, ohne Mittelsäule bzw. Mittelsäule inzwischen eliminiert), was in der Kombination sehr ausgewogen und stimmig ist. Inklusive Wechselplatte und Werkzeugtäschchen (Blitzschuhwasserwaage und Inbusschlüssel für das Stativ) wiegt die Kombi 1.743 Gramm.

 

Der K-20X ist in der Bedienung nicht berauschend elegant, aber doch sehr einfach und logisch. Auch in stockfinsterer Nacht komme ich - tastend - einwandfrei damit zurecht. Kugel festgestellt heißt bei diesem Kopf wirklich fest, da rührt sich nichts. Vor dem Feststellen halte ich die Kamera ein kleines bißchen höher als das Bild sein soll, damit es nach dem Feststellen passt, das kann aber auch darin begründet sein, dass mich Friktion nervt und ich diese zurückgedreht habe. 

 

Die eingebauten kleinen Wasserwaagen sind nett und brauchbar, wenn man nichts anderes hat, aber schon deutlich "toleranter" als die kamerainternen Instrumente oder z.B. eine Aufsteckwasserwaage für den Blitzschuh.

 

Arca-Swiss Wechselplatte inkl. Safety Lock ist nicht außergewöhnlich, aber doch praktischer Standard. Die Kameraplatte hat einen kleinen Ring mit guter Kraftübertragung, man braucht also keine Münze. Auch bei Hochformataufnahmen hält die Platte.

 

Dass nach sechs Jahren teilweise harten Einsätzen drei kleine Schrauben locker wurden finde ich persönlich jetzt nicht dramatisch. Scheinbar bin ich auch der einzige, dem das passiert ist, denn natürlich hatte ich bereits auf Gran Canaria nach der Ursache des Wackelns gegoogelt und nichts gefunden. Hätte ich gewußt, wo sich die drei schwarzen Schrauben verstecken, hätte ich das Problem in ein paar Minuten vor Ort fixen können. Man lernt eben nie aus...

 

Was ich wirklich ganz toll finde: Selbst nach dem ganzen Sand, Staub, Salzwasser usw. läuft die Kugel immer noch ultrageschmeidig und spielfrei. Kein bißchen kratzen oder ruckeln.

 

 

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'El Bufadero de la Garita', Gran Canaria:

El Bufadero de la Garita - Gran Canaria