18. Juni 2018
Eine Rettungsaktion: Die D4s kam in einem erbärmlichen Zustand aus England zu mir. Völlig verdreckt, innen wie aussen, Dreck in jeder Ritze. Die Gummierung so aufgeweicht und schleimig, wie ich es noch nie erlebt hatte. Auf 'vorher' Fotos habe ich bewusst verzichtet, das wäre mir irgendwie pietätlos vorgekommen.
Erste Hilfe:
Als erstes die schwabbelige Gummierung abgerissen, nachdem ich bei nikonservice-frankfurt.de die neuen Belederungen für Griff und Daumenauflage/ Speicherfachdeckel bestellt hatte. 46€ inkl. Versand fand ich dafür absolut in Ordnung. Sehr mühsam war die Entfernung des alten Klebers, mit viel Waschbenzin, Alkohol und noch mehr Gerubbel. Dann den ganzen Body porentief gereinigt, mit Druckluft und alkoholgetränkten Papierschnipseln. Hier ein paar (N)Aktbilder nach der Aktion:
Wie durch ein Wunder ist das Display so gut wie kratzerfrei. Stärkerer Lackabrieb findet sich nur am unteren Teil des Gehäuses, am Hochformatgriff. Die neue Belederung hat, wie immer, perfekt gepasst. Ein Trugschluss war, dass ich dachte, den kleinen Gummi rechts, mit dem 'FX' Symbol, nach gründlicher Reinigung und mit neuem Klebeband wieder verwenden zu können. Er machte nicht so einen aufgeweichten Eindruck wie die beiden anderen, hält aber trotzdem nicht richtig. Ich denke, da muss noch ein Neuer dran. Trotzdem sieht die D4s jetzt schon ziemlich gut aus, finde ich.
Zum gut-aussehen habe ich sie aber nicht gekauft. Natürlich hatte ich sie gleich nach dem eintreffen probiert, bei irgendwelchen gravierenden Fehlfunktionen wäre sie, trotz des extrem günstigen Preises, gleich zurückgegangen, schließlich hatte der Verkäufer versichert, dass sich die Kamera in 'excelent technical order' befände.
Die allerersten Testfotos habe ich also gleich gemacht, da war allerdings die Sonne schon am untergehen bzw. war untergegangen. Von der ISO Performance war ich dann auch gleich mal schwer beeindruckt, siehe Beschreibung bei den jeweiligen Fotos. Die ISO 51.200 Fotos sind noch brauchbar, lediglich bei Kunstlicht zeigen sich erste Farbverschiebungen. Das letzte Foto, mit 410.000 ISO, ist natürlich nicht mehr allzu prickelnd ;-)
Im großen und ganzen fühlt sich die D4s genauso an wie meine geliebten D3 und D3s. Natürlich wurden aber auch ein paar Kleinigkeiten verändert, und sei es nur, um mich zu nerven: Der Autofokus- Mode Umschalter an der Vorderseite hat nur noch zwei statt drei Positionen: 'AF' und 'M'. Zwischen AF-S und AF-C schalte ich nun mittels einem auf dem Umschalter befindlichen Druckknopf und Drehung des hinteren Einstellrads um, hier liegt auch gleich die Voreinstellung, ob ein 'Single'- Messfeld, plus umliegende Hilfsfelder, 3-D-Tracking oder der ganze Bereich mit automatischer Wahl durch die Kamera verwendet werden soll. Hinter der neuen Bedienung werkelt übrigens nach wie vor das von der D3/ D3s bekannte Autofokusmodul 'Multi-Cam 3500 FX'.
Der Sensor nennt sich NC81366W und stammt von Nikon. Mit 16 Megapixeln empfinde ich die Auflösung noch als moderat, das passt. Nikon wäre nicht Nikon, wenn sie nicht "endlich" mal wieder einen neuen Akkutyp eingesetzt hätten, man muss schließlich für Vielfalt im Schrank sorgen. Der Preis für einen Originalakku liegt derzeit bei ca. 180€, das ist, für ein paar Zellen und einen Chip in einem Plastikgehäuse, schon mehr als unverschämt. Selbst die Dritthersteller springen auf diesen Zug mit auf, die Patona Akkus, die ich so gut wie immer verwende, kosten 42€. Bis dato hatte ich noch nie mehr als 22€ für einen Kameraakku bezahlt.
Im Menü ist mehr oder weniger alles wie gewohnt, nur für den automatischen Weißabgleich gibt es eine interessante neue Einstelloption: Der normale AWB bildet, wie man sofort merkt, deutlich kühler ab. Liebhaber des gelblich-warmen Looks der D3 Serie können im Menü die Option "Warm" wählen. Das finde ich nett, wobei ich nichts gegen den kühleren Look habe. Letztendlich ist es bei RAWs sowieso egal.
Genug Theorie, jetzt wird die D4s verwendet. Wie schon eingangs erwähnt, genieße ich die Freiheit, die mir die hohe ISO Leistung bringt. Ich kann hemmungslos die kurzen Zeiten verwenden, die zu meinen Motiven passen, z.B. 1/1000s. und kürzer für Pferde, 1/1250s. für Kleintiere in langsamer- und 1/2500s. und kürzer in schneller Bewegung, und das ganze bis in die Dämmerung hinein.
Bei großen Motiven macht der Autofokus wie erwartet keinerlei Zicken, die Kamera arbeitet blitzschnell, man spürt nicht die geringste Verzögerung beim Auslösen. Die RAWs kommen mit kräftigen aber natürlichen Farben und knackigen Kontrasten aus der Kamera. Der automatisch Weißabgleich erhält die jeweilige Lichtstimmung, also Schatten oder Sonne, und bügelt nicht einfach alles zu einem Einheitsbrei. Brav!
Also ran an die schwierigen Motive, die kleinen Wilden, die mit Lichtgeschwindigkeit herumwuseln und für eine formatfüllende Aufnahme kaum weiter entfernt sind, als es die Naheinstellgrenze des Objektivs zulässt.
Oooops, da ist ja gar nicht so viel Action auf den Bildern. Denn alle Aufnahmen, wo eins der kleinen Kätzchen sich schnell auf mich zu bewegt hat, waren fehlfokussiert! Kleines Motiv in geringem Abstand, schnelle, unstete Bewegung auf die Kamera zu - das packt sie nicht gut. Mehr oder weniger bei allen Aufnahmen waren, an Stelle der Augen (auf denen das Fokusmessfeld lag), die Schultern, die Körpermitte, oder gar das Schwänzchen im Fokus. Mit den hektischen Winzlingen haben ja die meisten Kameras Schwierigkeiten, nahezu perfekt bekommen das nur meine Canon 1Dx, Nikon D500 und Sony Alpha 77 Mark-II hin, aber etwas mehr hätte ich von der D4s schon erwartet. Das können sogar D3, D3s und D700 besser. Das hat meiner Freude doch einen ziemlichen Dämpfer verpasst.
17. Juni 2018
Nächster Versuch im Wildpark Poing. Bei den Füchsen ein positives Erlebnis: Von dem scheußlichen, dicken Maschendraht, der das Autofokussystem von so gut wie jeder Kamera zur Weißglut bringt, ließ sich die D4s mal gar nicht beeindrucken. Bei 59 von 65 Aufnahmen saß die Schärfe auf den Punkt.
Bei der Greifvogel- Flugshow wieder ein durchwachsenes Ergebnis. Wenn die Vögel direkt auf mich zugerast sind, lag die Schärfe zu weit hinten. Alle anderen Situationen hat sie gut gemeistert.
Auch in den anderen, Wildpark- typischen Situationen, mit Gegenlicht, wenig Licht usw., war alles super. Unkompliziert, schnell und zuverlässig hat die D4s ihren Job gemacht. Die D500 habe ich an dem Tag gar nicht aus dem Rucksack genommen.
Was ich an der Nikon D4s (bis jetzt) liebe:
• Sie ist ein intuitiv zu bedienendes Präzisionswerkzeug im gewohnten Design. Macht einfach das was man will und braucht. Die Haptik ist perfekt für ermüdungsfreies, flüssiges Arbeiten.
• Man kann bis ISO 51.200 gehen und noch brauchbare Bilder bekommen.
• Den gegenüber den Vorgängern kühleren Bild-Look mag ich. Alternativ gäbe es im Menü die Option "Warm" für den Auto- Weißabgleich.
• Der Pufferspeicher scheint gigantisch zu sein. Ich habe bewusst eine sehr alte CF Karte verwendet, die gerade mal 20MB/s schafft. Auch bei Serien keine Zwangspausen.
• Der Dynamikumfang des Sensors ist gegenüber D3/s/ D700 größer geworden
• Der Stromverbrauch ist moderat, mit einem Akku kommt man über etliche Stunden (oder die schweinsteuren Akkus sind so gut, haha).
Was ich an der D4s nicht so toll finde:
• Natürlich habe ich mir ein paar bei gutem Licht und moderater ISO aufgenommene RAWs mal ganz genau angeschaut. Ich finde, in der 100% Ansicht,also auf Pixelebene, sind die irgendwie verwaschener als bei D3/ s/ D700, nicht mehr so klar abgegrenzt. Auch sehe ich da, schon bei niedrigen ISOs, ein gewisses Grundrauschen, was es bei der Vorgängerreihe einfach nicht gab. Ganz ehrlich, ich habe sofort gegoogelt, ob der Sensor von Nikon oder von Sony stammt :)
Was mich (bis jetzt) doch ziemlich erschüttert:
• Der Autofokus packt es nicht, wenn ein Motiv schnell auf mich zukommt - Schande! Vielleicht stimmt bei meinen gequälten Exemplar ja auch was nicht, da bleib ich dran.
• Der Fokusspeicher, den ich mir immer auf die AF-ON Taste lege (siehe unten), funktioniert nicht. Sämtliche "Focus and Recompose" Versuche lagen daneben.
Meine bevorzugten/ bewährten Settings für die Nikon D4s:
Mode: M oder A, AF: AF-C, 'Single' Messfeld, Drive: Einzel- oder Serienbild, letzteres lässt sich wunderbar dosieren wenn nur eine Aufnahme gemacht werden soll, Blende bei Tieren/ Sport meistens ganz offen, bei Landschaft je nach erforderlicher Schärfentiefe 8-16, Zeit je nach Motiv (Bewegung) und ISO Lichtabhängig.
Menü "Wiedergabe": Infos bei Wiedergabe = Histogramm & Lichter, Bildkontrolle = On, Anzeige im Hochformat = Off, Menü "Kamera": Bildoptimierung = Normal, Farbraum = sRGB, Langzeitbelichtung = On (damit ist die Rauschreduzierung bei- gemeint), Hohe Empfindlichkeit = Norm (damit ist die Rauschreduzierung bei- gemeint), Menü "Bleistift": Priorität bei AF-C = Release, Lock-On = Off, AF Aktivierung = On (AF über AF-On Taste finde ich beknackt), AEL/AFL Taste = Fokusspeicher, Mitteltaste bei Aufnahme = Mittleres AF Feld, bei Wiedergabe = Ausschnitt (Vergrößerung), Einstellräder = Vertauscht, Menü "Schraubenschlüssel": Monitorhelligkeit = 0, Orientierung = On
Meine Lieblingsobjektive an der Nikon D4s (bis jetzt):
• das Nikon AF-S 70-200mm 1:2,8 G VR-II
• das Sigma 500mm 1:4,5 HSM
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